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Der Fall der Mauer in Ludwigsfelde – 30 Jahre danach

Bild1: Der Fall der Mauer in Ludwigsfelde – 30 Jahre danach Bild2: Der Fall der Mauer in Ludwigsfelde – 30 Jahre danach

Auch acht Brückensäulen wurden in diesem Jahr mitgestaltet.

Zwar war es sehr schade, dass die Entstehung der großflächigen Graffiti unter der Ludwigsfelder Autobahnbrücke wegen der Corona-Einschränkungen nicht von noch mehr Leuten live verfolgt werden konnten. Aber sie bleiben ja erhalten – für mindestens ein Jahr. „Wir sind der Stadt Ludwigsfelde sehr dankbar, dass das Projekt stattfinden konnte. Und auch, dass sie es mit finanziellen Mitteln unterstützte“, sagt Steffen Schade. Er ist auch ein paar Wochen später noch am „Tatort“ anzutreffen. Es sei immer wieder etwas auszubessern und zu ergänzen, sagt der Organisator von „Lu‘s Graffiti Jam 2020“. Wobei „Jam“ ganz wörtlich als „zwanglose Zusammenkunft von Graffitikünstlern“ zu verstehen ist.

„Wir haben uns ein Thema gesetzt, in dem sich alle verwirklichen konnten“, erklärt Steffen Schade. Da habe im 30. Jahr der Wiedervereinigung der Mauerfall doch sehr nahe gelegen. Und so kommt es, dass an der Mauer Erich Honecker an einer Spraydose schnüffelt, die Pioniere grüßen lassen und sich die Tante aus dem Westen mit Fuchs und Elster aus dem DDR-Kinderfernsehen anfreundet. Es waren an zwei Tagen Ende September Künstler unter anderem aus Hamburg, Leipzig, Hannover, Berlin, der Schweiz und aus Österreich am Werk. Sowohl die Style-Maler mit ihren ineinander verschlungenen Buchstaben als auch die Karikaturisten und die Porträtmaler. „Die Bedingungen dafür sind hier fantastisch“, freut sich Schade noch im Nachhinein. Denn wer hätte schon solch eine Galerie und die mitten im Ort, wo sich die Leute treffen. Und so entstand eine „Mauer, wie die in Berlin“. Mit all den Graffiti, den Takes im Hintergrund - „wir machen unsere Mauer selber dreckig“ -, aber auch mit dem amerikanischen Schauspieler und Sänger David Hasselhoff, der nach seinen eigenen Aussagen den Fall der Berliner Mauer noch beschleunigt haben will.

Für den 37-Jährigen Organisator und die gestaltenden Gäste war in Ludwigsfelde das „Medium Dose“ ihre äußerst kreative Möglichkeit, sich auszudrücken - weit weg vom üblichen Geschmiere an den Wänden, mit denen die örtlichen Instanzen ansonsten zu kämpfen hätten. „Wir haben ein Thema vorgegeben, und auch ein Farbkonzept, so dass trotz der Verschiedenheit der Stile eine durchgängige Linie zu erkennen ist“, sagt Schade, der auch beruflich mit Fassadengestaltung zu tun hat. Er sei ein besonderer Freund solche Farbschemen, die von jedem Künstler auf seine eigene Weise interpretiert würden, sagt er.

Bei den besonders großformatigen Bildern bis in 15 Metern Höhe, entstehen die Entwürfe zuvor auf dem iPad und werden dann auf die Fläche übertragen. „Beim linken Turm hatte der Künstler das Ziel, dass das Loch im Mauerwerk genau das Auge seiner Figur werden sollte – und er hat es hinbekommen“, sagt Schade, der selbst mit auf dem Gerüst gestanden hatte. Und ihm gefallen besonders die 3-D-Effekte, die entstehen, wenn der Blick durch ein Mauerloch bis in die Wolken reicht.

Auch acht Brückensäulen wurden in diesem Jahr mitgestaltet. Schade hofft auf den nächsten Termin im Jahr 2021, wieder ein Wochenende Ende September. Dann könnte nach seinen Vorstellungen auch die Bahnhofstunnelgalerie neu gestaltet werden, die inzwischen vollkommen beschmiert sei. „Solch eine Jam, ist auch eine Plattform für Leute, die sich legal verwirklichen wollen und eine erprobte Möglichkeit, gegen den üblen Graffiti-Tourismus den keiner mag, vorzugehen.“

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