Sport vor Ort - Porträts

"Wir wissen was Jasmin kann"

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Jasmin Stein aus Seelow sorgt bundesweit für Schlagzeilen

Jasmin Stein hat ganz genau hingesehen, welches Helmdesign Lewis Hamilton beim jüngsten Formel-1- Rennen getragen hat. Ein ganz großer Wunsch der 15-Jährigen ist es nämlich, ihren Helm ähnlich wie ihr Vorbild gestalten zu lassen. Vor allem würde sie gern die Farben des eigenen Kart-Teams integrieren, Neonorange und Blau. „Aber das ist leider sehr, sehr teuer ...“ Das Thema Geld ist eines, das das Team Stein aus Marxdorf (Märkisch-Oderland) generell begleitet, denn der Kartsport ist eben nicht ganz billig. Aber Heike und Swen Stein, die Eltern des Motorsporttalents, unterstützen die Leidenschaft ihrer Tochter. Zum Dank gibt es fast nach jedem Rennen einen schicken Pokal. Diese Trophäen zieren inzwischen nicht mehr nur das Kinderzimmer, sondern finden sich im ganzen Haus der Steins wieder.

Mit einem PS hat Jasmin Stein begonnen

Die sportlichen Anfänge von Jasmin Stein liegen derweil ganz woanders, nämlich auf dem Rücken der Pferde. Von 2007 bis 2014 war sie Mitglied des Märkischen Voltigiervereins. Von einem PS wechselte sie in den Motorsport, wurde Mitglied der Roten Teufel des MC Seelow. Nach einem Schnuppertraining im April 2014 war sie sofort Feuer und Flamme und wollte ihrem Bruder Benjamin nacheifern. Gesagt, getan – und schnell zeigte sich, dass sie ein Naturtalent zu sein scheint. Damals noch ausschließlich im Kartslalom aktiv, setzte sie mit schnellsten Runden Achtungszeichen in der ADAC Meisterschaft Berlin/Brandenburg.

Nur gegen die Uhr und um Pylonen zu fahren war Jasmin, die ab August 2020 die 10. Klasse des Seelower Gymnasiums besucht, aber bald zu wenig. Sie wollte mehr. Vor fünf Jahren nahm sie an einem Sichtungslehrgang für Mädchen im Kartsport der Deutsche Motorsportjugend teil. Auf der Rennstrecke in Belleben (Sachsen-Anhalt) konnte sie beweisen, dass sie ein echter Racer ist. Die Leidenschaft für die Geschwindigkeit hatte endgültig gesiegt. Zusätzlich zu den Trainings- und Veranstaltungswochenenden im Slalom wurde jeden Montagabend mit dem Rok Kart Racing Verein in der 120 Kilometer entfernten Kart-World Berlin trainiert. 2016 nahm Jasmin an mehreren Schulungen in Grimma teil und an einer Leihkartmeisterschaft der Formel 10, konnte dabei ihren ersten Vizemeistertitel bei den Bambini sichern.
Wenig später ging es das erste Mal in ein Trainingslager auf den Templiner Ring, der inzwischen zu ihrer Lieblingsstrecke geworden ist. Herzklopfen war angesagt, denn im Rahmen dieses Trainingscamps der PRS Kartschule Berlin fuhr sie ihr erstes richtiges Rennkart. Die Kräfte, die durch die größere Geschwindigkeit wirken, sind deutlich intensiver. Das Camp hatte Folgen: Zum zwölften Geburtstag bekam Jasmin von den Eltern ihr erstes eigenes Kart.
Für die Steins begann ein neues Zeitalter. Mutter Heike übernahm mehr und mehr die Tätigkeit eines Managers, legte im vergangenen Jahr zudem die Trainer-C-Lizenz im Motorsport ab. Vater Swen wurde zum Schrauber. Das „Team Stein“ war geboren. „An sich geht am Fahrzeug selten etwas kaputt. Aber wenn, dann muss es auch schnell repariert werden“, erklärt der gelernte Werkstoff- prüfer. Inzwischen hat er viel Erfahrungen mit der Technik gesammelt und sagt zum Beispiel: „Auf der Rennstrecke schnell zu sein heißt nicht unbedingt, einen schnellen Motor zu haben. In erster Linie bedeutet es, dass das Chassis so eingestellt ist, dass das Kart gut liegt.“ Das wiederum heißt, dass Jasmin optimal durch die Kurven kommt und an den richtigen Stellen die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Und so hat Swen Stein, wie die anderen Teamtechniker auch, inzwischen seine kleinen Tricks, was die Einstellungen am Fahrzeug betrifft. Und er ist in der Szene als sehr guter Schrauber anerkannt.

Erste Erfolge für Jasmin Stein
Den ersten großen Erfolg feierte das Marxdorfer Team im Jahr 2017. Jasmin wurde Dritte in der ADAC-Kartslalom- Meisterschaft Berlin/Brandenburg Gleichzeitig verbesserte sie sich permanent im Rennkartbereich und wurde des Öfteren als schnellstes Mädchen geehrt. Die Stiftung der Sparkasse Märkisch- Oderland wurde auf sie aufmerksam und sie bekam einen eigenen Sponsorenvertrag. 2018 dann der erste große Titel: Jasmin Stein gewann die Meisterschaft der Kartlangstrecke Sachsen – acht Siege in zehn Rennen. Sie dominierte die Klasse so eindeutig, dass sie ihren Titel ein Jahr später souverän verteidigen konnte.
Fragt man Jasmin, ob es ein Rennen gibt, dass sie nie vergessen wird, kommt prompt die Antwort: „Ja, das war 2017 im Wallrav Race Center in Polen. Ansonsten gibt es bei den Rennen meist einen rollenden Start. Dort ging es aber per Ampel stehend ins Rennen. Ich stand an zweiter Startposition – und dann ver- sagte die Technik. Das Feld zog an mir vorbei und ich musste allen hinterher- jagen. 15 Fahrer waren dabei. Nach dem 26-Runden-Sprintrennen hatte ich es immerhin bis auf Platz 6 geschafft. Im Finalrennen über 28 Runden kam ich nach mehrmaligen Positionswechseln als Fünfte des gemischten Fahrerfeldes ins Ziel, was gleichzeitig Platz 2 in der Junior-Wertung bedeutete. “
„Früher hatte ich immer ein bisschen Angst. Das ist inzwischen anders. Wir wissen, was Jasmin kann, und sie fährt sehr überlegt“, sagt Mutter Heike. „Die strengen Sicherheitsvorgaben zu Kartsitz, Rennoverall, Nackenschutz, Helm und Rippenschutz sind sehr wichtig. Passieren kann trotzdem immer etwas, aber das ist halt Motorsport. Bis jetzt hatten wir keine Unfälle und wollen hoffen, dass es auch so bleibt.“

Bundesweite in den Schlagzeilen

Inzwischen hat Jasmin Stein sogar bundesweit auf sich aufmerksam machen können. Nachdem sie beim jüngsten Rennen der Kartserie Sachsen in Lohsa zwei Start-Ziel-Siege feiern konnte, war sie Teilnehmerin an einem Testtag der DEKM, der weltweit ersten Elektro-Kartmeisterschaft. Und auch hier konnte sie überzeugen und hofft nun auf einen Startplatz in dieser international besetzten Serie. Das erste Rennen findet schon am 4. September in Kerpen statt. „Ich hoffe, es finden sich ganz viele Unterstützer oder auch Sponsoren, die an mich glauben und mir diese neue Herausforderung ermöglichen können“, sagt der Teenager im Hinblick auf dieses große Abenteuer. Allerdings gilt es auch, die Schule nicht zu vernachlässigen. Die hat natürlich Priorität.

Einmal gegen Frank Müller fahren

Eindrucksvoll ist, wie die gesamte Familie mitfiebert und den Motorsport mit lebt. „Ein Renn- oder auch ein Trainingswochenende beginnt schon am Donnerstagabend. Alles wird eingepackt und der Camper beladen. Da sind ja nahezu vier Tage zu veranschlagen. Aber wenn wir dann an der Rennstrecke, genauer im Fahrerlager sind, ist das eine andere Welt. Im Rennen sind alle Konkurrenten, aber ringsherum freut sich jeder, wenn man sich wiedersieht. Und egal ob Niederlage oder Sieg – am Ende wird auch gemeinsam gefeiert.“

Übrigens hat Jasmin Stein einen heimlichen Wunsch: „Ich möchte einmal gegen Frank Müller aus Strausberg, der einer meiner ersten Unterstützer war und eine Menge Erfahrung im Motorsport hat, ein Rennen fahren. Wir haben schon oft drüber gesprochen, aber nie einen Termin gefunden.“

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